Preisbindungen sind der falsche Weg

Ich bin gegen die Buchpreisbindung. Allerdings muss ich zuerst eines der Argumente meiner Mit-Gegner kritisieren, wonach es für einen Schriftsteller „den Braten nicht fett macht“, ob er pro Buch Fr. 1,90 oder Fr. 2,40 bekommt. Eine Frau hat das behauptet, an deren Namen ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnere. Was sie sagt ist aber Blödsinn. Nach 6 Monaten Arbeit und 1000 verkauften Büchern 1’900 oder 2’400 Franken verdient zu haben, bedeutet für einen Schriftsteller sehr wohl einen bedetsamen Unterschied. Ein Widerspruch – davon haben die Befürworter aber auch ein paar parat.

Der gerechte Lohn für Autoren ist wirklich der einzige Grund, warum man für die Buchpreisbindung einstehen könnte. Es verwundert demnach nicht, dass die Schar der Schweizer Buchautoern praktisch geschlossen hinter der Preisbindung steht: es geht um ihren Zahltag. Genauso gut könnte man aber einen Metzger fragen, ob er damit einverstanden wäre, dass Hackfleisch künftig überall 30 Franken das Kilo kosten soll. Mir als (nicht Buch-)Autor und Texter würde eine solche Preisbindung natürlich auch gefallen. Meine 10 Schweizer Rappen die ich pro Wort verlange, stehen jedoch in krasser Konkurrenz zu den 1-2 Euro-Cent, die ein Deutscher Texter durchschnittlich verlangt.

Blendet man das Argument Lohngarantie einmal aus, hört man auf Befürworterseite oft von der Gefahr des „Buchladensterbens“. Kleine Produktionen hätten auf dem Mainstream-Markt keine Chance mehr, weil die grossen Buchläden uns mit billigen Massenproduktionen aus dem Hause Donna Leon und Paolo Coelho überschwemmen werden. Meine Frage dazu: muss ich als Konsument für Bücher mehr bezahlen, damit die Verkaufsstrategie eines kleinen Buchladens aufgeht? Die Entscheidung in aller Ehren, keinen Mainstream-Müll und auch keine Pferdekalender und Jux-Tassen im Sortiment führen zu wollen – aber warum traut man mir als Konsument nicht einfach zu, für Qualität freiwillig mehr bezahlen zu wollen? Buchleser sind nicht Zombies die auf Schnäppchenjagd gehen. Buchleser mögen Qualität, Beratung, Ambiente. In anderen Worten: wenn es für das Überleben von Spartenbücherläden nötig ist, im gleichen Lokal Tassen und Farbstifte zu verkaufen: warum nicht?

Zur Veranschaulichung noch einmal das Beispiel Metzger. Ein Stück bestes Kobe-Rindfleisch kostete bis vor wenigen Jahren locker 500 Franken das Kilo. Inzwischen wird das Edel-Rind auch ausserhalb Japans gezüchtet und im Internet finden sich deutlich tiefere Kilopreise. Der Todesstoss für eine Metzgerei, die ausschliesslich das edle Fleisch verkauft. Wäre der Konsument wohl mit einer Preisbindung einverstanden? Sagen wir 400 Franken pro Kilo? Kaum. Der Metzger kann nicht auf eine gesetzlich verordnete Preisbindung hoffen, sondern muss billigeres Fleisch mit ins Angebot nehmen um die Massen anzuziehen. Er muss sich mit anderen Metzgern zusammenschliessen, um grössere Mengen günstiger einkaufen zu können. Darüber hinaus wird er gezwungen sein, die Verkaufsqualität zu fördern, Kundendienst zu leisten und für den Erfolg hart zu arbeiten.

Es braucht keinen staatlichen Schutz für winzige Buchläden, Kleinstverlage und Schweizer Autoren, sondern ganz einfach Qualität. Eine Tasse Kaffee kostet im Sprüngli am Paradeplatz Fr. 7.50 und trotzdem findet man dort kaum mal einen freien Platz. Meine Wörter kosten 5mal mehr als in Deutschland und trotzdem finde ich Abnehmer. Der Preis richtet sich nach Qulität und Nachfrage. Falls also tatsächlich bald sämtliche kleinen Buchläden, mit oder ohne Buchpreisbindung schliessen müssen, könnte das auch daran liegen, dass sich die Gesellschaft gewandelt hat und ganz einfach keine Nachfrage mehr für Qualität und Beratung besteht. Wetten, dass das aber nicht passieren wird?

6 Gedanken zu „Preisbindungen sind der falsche Weg

  1. Ich bin zwar keine Frau, aber ich hatte auch das mit „macht den Braten nicht fett“ gebracht. 😉 Siehe Kommentarspalte, Kommentar 6 hier:

    http://angrysaschaisangry.com/2012/01/buchpreisbindung-in-der-schweiz-oder-gesetzestext-lesen-ware-angebracht/

    Ich möchte aber betonen, dass ich den nichtfetten Braten auf mich beziehe, aber aus meinem Umfeld weiß, dass es andere Autoren gleich sehen. Grundgedanke dahinter ist, dass ich davon eh nicht leben kann und solche Tantiemen auch nicht annähernd in Regionen vorstoßen, wo ich über eine Pensumreduktion im Tagesgeschäft nachdenken könnte.

    Kurz gesagt: So lange es um ein paar hundert Franken Differenz geht, oder auch wenige tausend, ist es für mich weder lebensplanentscheidend noch sonderlich relevant sondern nur mehr oder weniger Bonus.

    So oder so scheint es auch im nichtbuchpreisgebundenen Schweizerland möglich zu sein, seine Autoren „fair“ zu bezahlen, die Tantiemen also mit dem empfohlenen Verkaufspreis zu berechnen. So macht es zumindest der Echtzeit-Verlag, wie Markus Schneider hier erzählt:

    http://www.schweizermonat.ch/artikel/das-buch-ist-eine-ware

    Im Mustervertrag des AdS ist der Passus erhalten, dass bei fehlender Buchpreisbindung die Preisempfehlung des Verlags die Grundlage zur Bemessung des Honorars darstellen soll. Schneider handelt hier also offenbar nicht ungebräuchlich.

    Entsprechend wären für fair betreute Autoren die individuellen Ladenpreise tatsächlich egal, weil sie aufgrund der Preisempfehlung bezahlt werden.

    ***

    Zum Artikel: Der Zombie-Absatz trifft es genau. Schön! Wer in seiner Kundschaft nur geiz-ist-geil-Sparzombies sieht und sich nicht vorstellen kann, dass man wegen der Beratung, dem Ambiente und weiteren Dienstleistungen ins Buchgeschäft kommt … Nun ja. Der scheint keine hohe Meinung von seiner Kundschaft zu haben.

    Qualität macht’s aus, sowohl bei der Bücher-Auswahl als auch bei den damit verbundenen Dienstleistungen.

  2. üblicherweise gewährt ein Verlagsvertrag Honorar und damit verrechnete Tantiemen. Das heißt, es wird ein Vertragsvorschuss in Höhe der Tantiemen eines Anteils der Auflage gezahlt. Das wird mit den tatsächlich verkauften Exemplaren verrechnet. Je nach Anteil der Auflage verdient der Autor erst ab der zweiten Auflage „zusätzlich“ (wurde also für die gesamte erste Auflage ausbezahlt), oder bereits nach verkaufter halber Auflage, oder einem Drittel der Auflage etc.

    Kleine Verlage, um die es im Sinne der vielerwähnten „Diversität statt Einheitsbrei“ gehen sollte, können sich dieses Honorar oft nicht leisten, der Autor erhält in dem Fall keinen Vorschuss auf seine Tantiemen sondern wird nach verkauften Exemplaren direkt bezahlt.

    Dass der exakte Ladenpreis auf das Honorar des Autors keinen direkten Einfluss hat, falls der Verlag einen fairen Vertrag zeichnet, zeigen sowohl Verleger Schneider als auch der Mustervertrag des Verbands der Autoren und Autorinnen der Schweiz – in beiden Fällen wird als Berechnungsgrundlage für die Tantiemen der vorgeschlagene Ladenpreis verwendet.

  3. Es geht doch nicht um die Künstler, aber um das Buch selbst.
    Es geht schon gar nicht, wenn man Bildung mit Nahrung verwechselt oder absichtlich vermischt (Metzger/Buchhändler). Oder anders:
    Kann sich denn jeder Fleischesser ein 500.-/Kilo-Kobe-Filetstück leisten? Wenn es zur Bildung gehören würde, dann muss er es sich leisten können! So auch Bücher. Egal, wie populär der Buchtitel gerade ist…

    • Absolut einverstanden. Die Studierten schauen nur das man nichts gegen ihre wirtschaft sagt, weil dann sonst ihr hohes Einkommen gefärdet ist

  4. Anonym Paddy hat gesagt…

    Ich verstehe nicht, warum ein Autor mehr oder weniger verdienen soll, wenn seine Bücher in der örtlichen Spezialitäten-Buchhandlung oder bei Amazon über den Ladentisch gehen.

    Sein Verlag verdient ja auch nicht mehr oder weniger, es sind die Detailisten bzw. Grosshändler wie Amazon, die mit mehr oder weniger Marge auskommen müssen. Der Autor müsste zu diesem Zeitpunkt längst bezahlt sein.

    Oder versteh‘ ich das Thema mal wieder falsch?

    Wenn der Preis dank Bindung künstlich hochgehalten wird, dann dürften primär diejenigen, die an Konsumenten verkaufen, mehr Marge einstreichen. Denn die Verlage würden doch genau gleich im Preis gedrückt, und damit auch die Autoren.

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