Schnell, schneller, am schlimmsten

Wir alle machen Fehler. Letzte Woche hat einer bei unserer Zeitung hinter dem Namen von Grossrat Bruno Rudolf ein „(FDP)“ gesetzt, obwohl dieser doch seit immer der SVP angehört. Und ich habe vor einiger Zeit aus dem Präsidenten des Aargauischen Fussballverbands Hans Aemisegger, einen Ernst Aemisegger gemacht. Dafür gleich konsequent bei allen drei Nennungen im Artikel. Fehler sind ärgerlich, das ist das Eine. Gerade wenn sie gedruckt werden und man zu einer Korrigenda in der nächsten Ausgabe verknurrt wird.

bestieknastNoch dümmer als dumme Fehler, sind dumme Fehler, die keiner korrigiert, obwohl Gelegenheit bestünde. Zum Beispiel in den superschnellen Online-Medien. Es ist eine traurige Tatsache, dass alles schneller als schnell gehen muss. Nur wer die Meldung als Erster in seinem Portal hat, kann ein Held sein. Wenn man einen Schritt zu spät kommt, hilft vielleicht noch blutrünstiges Nachlegen. So stilisierte der „Blick“ den Vierfachmörder von Rupperswil bald einmal zur „Bestie“ und wusste sogar, wo die Bestie eingesperrt ist und was die Bestie zu Essen bekommt.

Zu den Faktoren „Fehler“ und „Schnell“ (mit teilweiser Erweiterung „Blutrünstigkeit“) kommt nun aber zunehmend die Komponente „Gleichgültigkeit“ dazu. Die Widerlichste von allen. Während ich den Ernst schnell wieder zum Hans gemacht habe und der vermeintliche FDP-Mann wieder zur SVP transferiert wird, bekommt man zum Beispiel von 20 Minuten gerade mal ein Online-Schulterzucken.

 

Nehmen wir als Beispiel diese Meldung von 20 Minuten. Geschrieben am Samstag um 18.56 Uhr, gelesen am Sonntag um 00.46 Uhr. Wer findet die 5 Fehler?

20minFehler3

Auflösung:

Der Stau entstand ganz offensichtlich nicht wegen einem ausgebrannten Auto, sondern wegen einem ausbrennenden Auto.

Wo zum Geier ist Häkingen?

Und wo ist „kurz zwischen der Verzweigung Häkingen und Wangen an der Aare“.

Seit wann liegt Wangen an der Aare im Kanton Solothurn?

Satzstellungsfehler, fehlende Wörter.

 

Fast 6 Stunden nach Entstehung dieser Fehler und gefühlte 30 diesbezüglich erstellter Kommentare, lag Wangen noch immer im Kanton Solothurn, das Geschehen kurz zwischen der Verzweigung Häkingen verpackt im orthografischen Chaos, das Auto zwar tatsächlich im Perfekt ausgebrannt, der Stau aber längst aufgelöst. Der 20-Minuten-Mensch ist dennoch der Held. Warum? Weil wir Konsumenten genau das wollen: Als Erste über alles Bescheid wissen, im besten Fall nach Durchsicht der Schlagzeile eine Meinung haben. Und weil wir Lemminge sind und blind dem Schnellsten folgen, tun das auch die Werbetreibenden. Das Desaster ist vorprogrammiert, die Volksverblödung zu Gunsten der Wirtschaftlichkeit wird in Kauf genommen.

 

Die schnellen Medien nehmen ihre Verantwortung längst nicht mehr wahr. Da bleibt einem ja wirklich nur noch das Schulterzucken.