Ronaldo drohen 7 Jahre Haft – echt jetzt?

Ein sehr schönes Beispiel, wie eine simple Meldung durch die Faktoren „Promi“ und „schlechter Journalismus“ ins Unendliche übertrieben wird, erleben wir derzeit beim Fussballer Ronaldo.

 

Längst steht nicht mehr die Information im Vordergrund sondern das reine Abholen von Klicks und aufreibenden Kommentaren, die wiederum Klicks und noch mehr aufreibende Kommentare generieren.

 

Was aus wirtschaftlicher Sicht ein nachvollziehbares Vorgehen ist, kann man als Konsument nur als widerlich bezeichnen. Insbesondere, weil das Ganze unter dem Deckmantel der Informationspflicht verbreitet wird. Die Stellung der „Medien“ wird durch diese Art Journalismus, die mehr und mehr Überhand gewinnt, in ihre Einzelteile zerlegt.

Screenshot Bild Online
Was ist im Fall Ronaldo passiert? Er steht unter Verdacht Steuern hinterzogen zu haben und wird dazu gerichtlich befragt. Punkt. Das ist alles. Mehr ist nicht passiert.

Und was machen „die Medien“? Sie entkorken einen Geysir der Sinnlosigkeit, kramen das Regelbuch der örtlichen Juristik hervor und zack – die Schlagzeile steht: Ronaldo drohen 7 Jahre Haft. (Bild: Screenshot Bild online) Und selbst die „seriöse“ NZZ zieht nach: „Das System der Gier droht einzustürzen“.

 

Das reicht dem gemeinen Konsumenten leider schon. „Hast du gehört? Ronaldo muss 7 Jahre ins Gefängnis“ – „Diese Fussballer verdienen einfach zu viel, geschieht im Recht“. Und noch besser zu lesen sind die Kommentare in den Schnellschuss-Portalen: „Dieser CR7 ist sowieso ein arroganter Schoofseckel“ – „Ganz schön eingebildet der Ronaldo“ usw.

 

Das Prinzip der Unschuldsvermutung mit 27 Zeichen im Titel aufgehoben. Er ist ja ein Promi, dann darf man das. Erst weit unten im Artikel, wenn überhaupt, wird erwähnt, dass es sich erst um eine Untersuchung handelt, dass Ronaldo allenfalls seine Finanzen nicht selber regelt, dass er kooperativ sein könnte und die Nachzahlung anstandslos begleichen könnte. Ronaldo ist nicht vorbestraft, gehört vermutlich keiner gewerbsmässig handlender Mafia an und steht auch nicht unter jahrelanger Beobachtung von Ermittlerkreisen. Alles Faktoren, die aus der Maximalstrafe von 7 Jahren eine bedinge Geldstrafe machen, falls er denn auch schuldig ist, was ja noch zu beweisen wäre.
Es geht hier nicht um Ronaldo.

 

Es geht um den Umgang der „Medien“ mit den Fakten. Jahrelang hat man den Leser auf Sensation getrimmt. Erschien ein solcher Artikel vor 10 Jahren in einer gedruckten Zeitung, vergingen drei, vier Tage, ehe ein Leserbrief dazu publiziert wurde. Heute kann die Lawine nicht mehr gestoppt werden. Die über Generationen herangezüchtete Noch-Schneller-Gesellschaft verfügt dank Smartphones über die Macht, binnen zwei Sekunden den Titel zu lesen, sich ein Urteil zu bilden und seine Meinung mittels Daumen-Symbol kund zu tun. Ob etwas stimmt oder nicht entscheiden längst nicht mehr Fakten, sondern die Anzahl hochgestreckter Daumen. 683 Likes? So viele Fliegen können sich nicht irren!

 

Zum Abschluss würde sich jetzt ein Appell zur Besserung an die „Medien“ ganz gut machen. Oder an die Konsumenten, den „Medien“ nicht alles zu glauben. Nützt nur nicht viel. Ebenso wenig wie den Hinweis anzubringen, dass ich „Medien“ jedes Mal in Anführungsstriche setze, weil natürlich nicht alle Medien so sind. Um das An-der-Nase-Herumgeführt-zu-werden zu realisieren müsste man Artikel aber zu Ende lesen und eine zweite Quelle konsultieren, nachdenken und dann eine Meinung bilden.

 

Dafür reicht das Zwei-Sekunden-Fenster der Noch-Schneller-Generation aber leider nicht.

Irgendwie sinnlos, dieser ganze Artikel.