Lars geht nur selten an die Ostsee

Zusammenfassung eines 90-minütigen Anrufs beim Telecom Unternehmen UPC

upcLiebe Freunde des gepflegten Telefonsports. Herzlich willkommen zur heutigen Begegnung zwischen mir und der UPC. Es geht um nicht weniger als eine Reklamation, denn das Internet ist saulangsam. Die Verbindung wird schnell aufgebaut, es kann los gehen. Verfolgen Sie das Spiel im Liveticker!

1. Minute:  Es gibt viel zu tun. 1 drücken für deutsch, 2 für technischen Support, Kundennummer 03451029 eingetippt, Postleitzahl 4805, noch einmal die 2 für technischen Support. Ich bin voller Hoffnung.

1. Minute: Eine Stimme sagt, das Telefongespräch könne zur Qualitätssicherung aufgezeichnet werden. Ich schmunzle.

2. Minute: Der Spielfluss wird durch ein rüdes Foul unterbrochen, eine neue Stimme sagt, es könne 15 Minuten dauern bis es weiter geht. Ich mach mal Kaffe, natürlich mit der Bialetti.

3. Minute: Musik trällert, Take That ists glaub.

3. Minute: Eine Stimme sagt, UPC habe jetzt ein ganz ganz schnelles Internet mit dem ich surfen, fernsehen und gamen kann. Gleichzeitig. Ich weine ein bisschen.

4. Minute: Wieder meldet sich ein singender Robbie Williams.

4. Minute: Eine viel lautere Stimme als vorhin sagt, ich soll mich jetzt auf eine neue Dimension einrichten die UPC anbietet. Dem Versprechen folgt Musik, auch die pfeifende Bialetti meldet sich aus der Küche.

6. Minute. Die nächste Stimme hat einen Namen. Dominik. Dominiks Stimme stammt von einem Tonband und möchte mich mit Fun-Facts eindecken. Yoda und E.T. hätten nämlich etwas gemeinsam. Oder war es ein Gremlin? Notiz an mich: Du musst besser zuhören.

7. Minute: Die Musik ist ausgefallen, keine Ahnung ob noch jemand dran ist, oder ob ich aus der neuen Dimension gefallen bin. Ich warte mal lieber, ich bin sicher schon von Nr. 30 zur Nr. 20 in der Warteschlaufe aufgestiegen, sowas gibt man nicht leichtfertig her.

12. Minute: Die Musik fehlt mir. Traurig lege ich auf und rufe noch einmal an.

13. Minute: 1, 2, 03451029, 4805, 2 Ich lerne die Tastenkombination aus Langeweile auswendig.

18.  Jetzt pfeift jemand ein Lied. Durch den Hörer. Das muss der letzte Rachakt gewesen sein vom Praktikant der nach zwei Wochen UPC Support entnervt gekündigt hat. Ich google „Tinitus“. Das langsame Internet würgt aber nur ein paar Zeilen in Times New Roman aus. 90er-Jahre-Feeling pur.

21. Ja, Dominik, ich habe gewusst dass 1969 die erste SMS verschickt wurde. Wenn sie an den UPC Support gegangen ist, wartet der Absender wahrscheinlich heute noch auf eine Antwort.

26. Minute. Kein Kaffee mehr. Ich gehe in die Küche, Bialetti pfeift, Support schweigt. Immerhin meldet sich eine neue Stimme die sagt, ich würde mit dem nächsten Kundenberater verbunden. Ich freue mich.

27. Jetzt singt Paul Young. Der Praktikant scheint ein 80er-Kind gewesen zu sein. Hoffentlich pfeift er nicht.

28. Seit sieben Minuten war von Dominik nichts mehr zu hören. Er fehlt mir Er hat eine Zuversicht verbreitende, angenehme Stimme. Die Frau jetzt klingt wie die Frau von der Zeitansage von früher, als man dafür dem 161gi angerufen hat.

29. Ich merke, dass ich auch ein 80er-Jahre-Kind bin.

30. Wieder meldet sich die Zeitansage-Stimme. Ich soll bitte etwas Geduld haben. Habe ich. Und Kaffee.

31. Minute: Funfact: 03451029 ist übrigens nicht meine Kudennummer, das habe ich nur so hingeschrieben, sonst hacken sich noch Hooligans bei uns ein und verlangsamen das Internet noch mehr.

36. Minute: Nachdem ich kurz eingenickt bin, stelle ich fest, Kaffe ist schon wieder ausgetrunken. Koffein hatte auch schon eine bessere Wirkung. Muss eine UPC-Mischung sein.

37. Ich speichere die Zahlenkombination 1, 2, 03451029, 4805, 2 und will beim nächsten Anruf die Ansage überlisten. Funktioniert garantiert.

38. Minute: Habe bemerkt, dass mich die Zeitansage-Stimme immer nach exakt zwei Minuten um Geduld bittet. Ich sage euch, das IST die Zeitansage-Frau, die hat das im Blut.

44. Das Spiel plätschert dahin, UPC hält hinten dicht, mein wahlloses Gedrücke auf dem Tastenfeld erweist sich als nutzlos.

45. Minute. Bialetti pfeift zur Halbzeitpause.

In dieser ersten Halbzeit hat sich keiner der Kontrahenden entscheidend durchsetzen können. Goggi wirkt etwas hilflos, insbesondere seit er den Lautsprecher eingeschaltet hat und die Batterieanzeige noch 15% anzeigt. Ebenso hilflos die UPC und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

46. Snow Patrol singt: „If I lay here, If I just lay here, Would you lie with me and just forget the world?“ Wieder weine ich ein bisschen, der Praktikant ist ein sarkastischer Arsch.

51. Minute: Das Spiel ist langweilig geworden. Weder Kunde noch Support gehen irgendwelche Risiken ein. Vielleicht sollte der Trainer mal wechseln?

56. Minute: Langsam gefällt mir die UPC-Diemnsion. Sie hat so was entschleunigendes. Die Zeitansagerin wurde durch eine Yoga-Zeitansagerin mit exakt gleicher Stimme ersetzt, nur tut die noch weniger fürs Spiel und meldet sich nur noch alle 10 Minuten. Hier muss die Trainerfrage gestellt werden, ehrlich jetzt.

59. Minute: Im Telefon rauscht es. Ich halte es in die Luft, damit die Verbindung ja nicht abbricht. Wobei… ist Swisscom. Funktioniert.

60. Minute: Akku bei 10 Prozent, ich hole ein Ladekabel, mache mir noch mal einen Kaffee und richte es mir gemütlich ein. Aber zuerst noch Bisi.

62. Minute: Ich muss Bisi.

63. Minute: Bialetti pfeift. Ich muss Bisi.

69. Minute: Die Zeitansagerin wird vom Platz gestellt, nachdem sie sich geweigert hat sich nach 10 Minuten wieder zu melden. Diese Überzahl sollte doch endlich zum Sieg führen. Ganz ganz schnelles Internet mit dem ich surfen, fernsehen und gamen kann winken, Ruhm und Ehre, mir wird ganz kribbelig, ich glaub ich muss Bisi.

73. Minute: UPC hat offenbar einen Zeitansage-Stimmen-Klon eingewechlt, der sich nun doch wieder alle zwei Minuten meldet. Der Klon nervt aber und ich buuhe ihn aus. Wirkungslos.

74. Colbie Caillat singt „Wherever you go I always know ‚cause you make me smile, even just for a while“. Ich google nach „+Praktikant +UPC +Kündigungsgrund“

76. Minute: TOOOOOOOOOR!!!! 1:0 für mich, ein sehr freundlicher junger Mann, Lars, meldet sich mit „Gruezzi Frau Gnogi“. Ich korrigiere ihn und er bittet mich, eine Mess-Software herunterladen. Während sich die kleine Datei durch das lahme Internet quetscht, erfahre ich dass Lars in Schwerin sitzt. Das ist nahe an der Ostsee, aber da geht er nur selten hin. Er ist 22 Jahre alt, ledig, hat aber eine feste Freundin. Ferien hat er keine mehr dieses Jahr, aber er erkundigt sich, ob es in der Schweiz in diesem Sommer auch so heiss war. Er sei mit acht Jahren zuletzt in Italien am Meer gewesen, mit seinen Eltern. Wir stellen fest wie die Zeit verfliegt. Ich erzähle ihm von den Ferien in Viareggio, von unserem Kater und dass wir von 16 verschiedenen WLANS umzingelt sind und ausspioniert werden. Lars sagt, er sei froh rufe mal einer wegen einem lahmen Internet an. Sonst kommen alle nur wegen dem Abo und der Rechnung. Das sei mal eine schöne Abwechslung. Die beste Ehefrau gesellt sich zu uns und plaudert mit. Ich hol mir ein Bierchen.

89. Minute: TOOOOOOOOOR!!!! 2:0, die Siegsicherung. Lars wundert sich noch über die vielen iPads in unserem WLAN, teilt unser Netz dann in ein 2,4- und ein 5,0-GHz-Netz – und es funktioniert. Wir small talken noch bis zum Schlusspfiff, es gibt keine Nachspielzeit, die Zeitansagerin wird rehabilitiert und darf nächstes Mal wieder spielen.

90. Ende Aus SIEG!

Anmerkung: Dieser Text entstand tatsächlich während dem Warten in der UPC-Support-Schlaufe. Wer Schreibfehler findet, darf sie behalten. Lars ist echt, das schnelle Internet nicht. Wer noch Kapselkaffee macht, sollte sich schämen. Der einzig gute Kaffee kommt aus einer Bialetti.