Der geschmacklose Wille der Leser

Endlich berichten die nationalen Medien über Eishockey in der Nationalliga B. Zwar über eine Geschmacklosigkeit – aber der Leser will es ja so.

Als ich dieser Tage einen Schnellschuss-Reporter darauf ansprach, warum er aus einem drei Stunden dauernden Anlass eine 10 Sekunden-Szene zum Anlass nimmt, seine Zeitung Seitenweise damit zu befüllen, sagte er: „Der Leser will das so“.

oltenDer Anlass für meine Frage war ein wirklich geschmackloses Handeln von ein paar wenigen Individuen, die beim Eishockey-Spiel Olten-Langenthal auf einem Transparent ankündigten, den Gegner in den Rollstuhl boxen zu wollen. In diesem Artikel geht es aber nicht um die Geschmacklosigkeit ansich, sondern um den medialen Umgang damit.

 

Tatsache ist, dass Olten-Fans während 99% des Anlasses keinerlei Transparente in die Luft gestreckt haben. Tatsache ist auch, dass ein dämliches Ereignis zum Glück nur von ein paar Hundert Zuschauern im Stadion wirklich wahrgenommen wurde. Das war übrigens auch beim fahrlässigen Einsteigen von Sandro Wieser gegen Gil Yappi der Fall, oder beim Vierfachmord von Rupperswil. Ungeachtet der wirklich schlimmen Tragik die hinter einem Ereignis steckt, ist die eigentliche Katastrophe die Verarbeitung in den Medien.

Nüchtern betrachtet, wurde der Vierfachmörder letztlich auch ohne öffentliche Empörung hinter Gitter gebracht und wird seine Strafe bekommen. Auch Sandro Wieser hat seine Strafe abgesessen und hat an Erfahrung dazu gelernt. Yappi geht es wieder bestens, auch wenn er mit dem FC Zürich irgendwann sportlich abgestiegen ist. Und den Transparent-Malern die sich inzwischen gestellt haben, wird es ähnlich ergehen. Man hat sie erwischt, man wird sie bestrafen.

 

Fertig. Würde man meinen

Irgendwann ist die Informationspflicht der Medien erfüllt. Doch in allen drei Fällen – so unterschiedlich sie sind – fängt erst jetzt eine unaufhaltsame Maschinerie an zu laufen, die für mein Empfinden das eigentlich Verwerfliche ist: Mit dem Anspruch schneller, aktueller, exklusiver und attraktiver für Konsumenten und damit für Werbepartner (oder umgekehrt) zu sein, überbieten sich die Medienhäuser mit Superlativen: Aus dem Mörder wird eine Bestie, Rupperswil zum abscheulichsten Dorf der Schweiz. Sandro Wieser wurde zum Horror-Treter und Fussball allgemein zur Dreckssportart. Ebenso trifft es den EHC Olten: Ein Transparent, das zum Glück schnell weggeräumt war und kaum wahrgenommen wurde, schafft es millionenfach angeklickt in die Medienwelt. Erst dank der medialen Maschinerie wurde ein dummes Transparent erst zum unmenschlichen Skandal befördert, unter dem nicht die Täter, sondern der EHC Olten leiden muss.
Hat jemand mitbekommen, dass das Verfahren gegen Wieser eingestellt wurde? Erinnert sich jemand an das Resultat des Spiels Olten – Langenthal? Ach ja, ganz vergessen: Sowas rückt natürlich in den Hintergrund, bei so einem Ereignis.

 

„Der Leser will das so“

Immer wieder dieses Zitat. Will er das wirklich? Gemessen an den Reaktionen zum Olten-Transparent könnte man sagen, ja: Hunderte von Likes und ebenso oft geteilte Beiträge.  Harsch die Wortwahl in den unzähligen Kommentaren, in denen „der Leser“ den Tätern mindestens ebenso krankes Zeug wünscht, wie auf dem Spruchband zu lesen war. Krankes Zeug auf dem Spruchband krankes Zeug in den Kommentaren, halten die Redaktionen für akzeptabel. Eigenartige Logik.

Ist „der Leser“ tatsächlich nur Sensationsgeil und im Grunde ein böser Mensch? Erwischen wir ihn gerade, wie er Formel 1 nur dann guckt, wenn auch mal ein paar Autos demoliert werden? Wäre Fussball ohne Horror-Treter und nur zwischendurch mal einen Mörder in der Gegend zu langweilig für „den Leser“ … oder für den „geschmacklosen Willen des Lesers“, wenn man die ursprüngliche Aussage einfach mal gedankenlos ergänzen will?

Eher nicht. „Der Leser“ wollte primär nur unterhalten werden und in einer Weltordnung leben, die ihm eine persönliche Entfaltung öffnet und Sicherheit bietet. Alles andere hat man uns angezüchtet, vor allem den Hass auf Fehler die andere begehen und die Möglichkeit per Kommentar wahllos auf die Sünder einzuschlagen.

 

Leider bringt dieser Blogbeitrag nur mir persönlich etwas, Schreiben ist bekantlich eine Art Therapie. Vielleicht erntet er ein paar Likes, ändern wird er aber gar nichts. Bei nächster Gelegenheit lesen wir in der Zeitung, dass ein fröhliches Fussballspiel auf die eine Petarde reduziert wird, dass ein dreitägiges fröhliches Volksfest mit einem gewaltsamen Polizeieinsatz überschattet wurde und dass der Fummelprinz aus dem Big Brother Haus geflogen ist. Aber das ist eine andere Geschichte. Oder eigentlich doch nicht. Im Grunde ist es das Gleiche: „Der Leser will das so“.

Symbolbild: Eishockey.ch

Schnell, schneller, am schlimmsten

Wir alle machen Fehler. Letzte Woche hat einer bei unserer Zeitung hinter dem Namen von Grossrat Bruno Rudolf ein „(FDP)“ gesetzt, obwohl dieser doch seit immer der SVP angehört. Und ich habe vor einiger Zeit aus dem Präsidenten des Aargauischen Fussballverbands Hans Aemisegger, einen Ernst Aemisegger gemacht. Dafür gleich konsequent bei allen drei Nennungen im Artikel. Fehler sind ärgerlich, das ist das Eine. Gerade wenn sie gedruckt werden und man zu einer Korrigenda in der nächsten Ausgabe verknurrt wird.

bestieknastNoch dümmer als dumme Fehler, sind dumme Fehler, die keiner korrigiert, obwohl Gelegenheit bestünde. Zum Beispiel in den superschnellen Online-Medien. Es ist eine traurige Tatsache, dass alles schneller als schnell gehen muss. Nur wer die Meldung als Erster in seinem Portal hat, kann ein Held sein. Wenn man einen Schritt zu spät kommt, hilft vielleicht noch blutrünstiges Nachlegen. So stilisierte der „Blick“ den Vierfachmörder von Rupperswil bald einmal zur „Bestie“ und wusste sogar, wo die Bestie eingesperrt ist und was die Bestie zu Essen bekommt.

Zu den Faktoren „Fehler“ und „Schnell“ (mit teilweiser Erweiterung „Blutrünstigkeit“) kommt nun aber zunehmend die Komponente „Gleichgültigkeit“ dazu. Die Widerlichste von allen. Während ich den Ernst schnell wieder zum Hans gemacht habe und der vermeintliche FDP-Mann wieder zur SVP transferiert wird, bekommt man zum Beispiel von 20 Minuten gerade mal ein Online-Schulterzucken.

 

Nehmen wir als Beispiel diese Meldung von 20 Minuten. Geschrieben am Samstag um 18.56 Uhr, gelesen am Sonntag um 00.46 Uhr. Wer findet die 5 Fehler?

20minFehler3

Auflösung:

Der Stau entstand ganz offensichtlich nicht wegen einem ausgebrannten Auto, sondern wegen einem ausbrennenden Auto.

Wo zum Geier ist Häkingen?

Und wo ist „kurz zwischen der Verzweigung Häkingen und Wangen an der Aare“.

Seit wann liegt Wangen an der Aare im Kanton Solothurn?

Satzstellungsfehler, fehlende Wörter.

 

Fast 6 Stunden nach Entstehung dieser Fehler und gefühlte 30 diesbezüglich erstellter Kommentare, lag Wangen noch immer im Kanton Solothurn, das Geschehen kurz zwischen der Verzweigung Häkingen verpackt im orthografischen Chaos, das Auto zwar tatsächlich im Perfekt ausgebrannt, der Stau aber längst aufgelöst. Der 20-Minuten-Mensch ist dennoch der Held. Warum? Weil wir Konsumenten genau das wollen: Als Erste über alles Bescheid wissen, im besten Fall nach Durchsicht der Schlagzeile eine Meinung haben. Und weil wir Lemminge sind und blind dem Schnellsten folgen, tun das auch die Werbetreibenden. Das Desaster ist vorprogrammiert, die Volksverblödung zu Gunsten der Wirtschaftlichkeit wird in Kauf genommen.

 

Die schnellen Medien nehmen ihre Verantwortung längst nicht mehr wahr. Da bleibt einem ja wirklich nur noch das Schulterzucken.

 

25 Jahre künstliche Verspätung

Einen schönen runden Geburtstag feiert dieser Tage die wohl sinnloseste Erfindung der Schweizer Kommunikationsgeschichte: Die B-Post. Neu sollte man langsame Briefe verschicken können, also quasi heute eine Botschaft aussenden, die erst übermorgen ankommen soll. Noch eigenartiger als deren Erfindung ist eigentlich nur die Tatsache, dass es diese heute noch gibt.

 

Postanhänger

Als sie damals eingeführt wurde, war ich noch Pöstler in Suhr. Neu war man angewiesen, die Briefbunde mit blauem Bundzettel am Morgen liegenzulassen und nur die schnelle A-Post mit weissem Bundzettel und die B-Post vom Vortag zuzustellen. Von der Mehrheit der Menschheit unbemerkt, gab es ab dann auch noch die B2-Post, mit gelbem Bundzettel. Kurz erklärt war die B2-Post das, was heute beim E-Mailverkehr im Spam-Ordner landet. Das war aber nicht die einzige Neuerung bei der Post. Man sprach plötzlich von „Optimierung der Führungsstrukturen“, pflegte Adressen der Kunden in eine Excel-Tabelle ein und anstatt mit einer Stoppuhr zu messen, wie lange man von Briefkasten 1 bis Briefkasten 2 brauchte, errechnete die Uni Lausanne einen Sekunden-Wert, der dem Briefträger für dessen Zustellung als Aufwand entstünde. Eine Zahl mit sieben Stellen hinter dem Komma, die regelmässig zu Ungunsten des Pöstlers nach unten korrigiert wurde.

 

Kein Wunder sortierten wir damals an sogenannten „Zähltagen“ B-Post-Briefe trotzdem schon am Morgen, denn der Wert wurde mit der achtstelligen Sekundenzahl multipliziert und ergab hochgerechnet die Arbeitszeit des Briefträgers.

 

Durch die Einführung der Briefsortieranlage in Aarau und die automatische Zählung, blieb da bald kein Spielraum mehr und die schönen Sommertage mit Feierabend um die Mittagszeit gehörten bald der Vergangenheit an. Nur die Wintertage mit Arbeitszeiten bis nach Einbruch der Dunkelheit blieben bestehen. Heute, 25 Jahre später, wird der Pöstler sogar auf Schritt und Tritt verfolgt. Dauert ein Kundengespräch zu lange, muss dieses mit einem speziellen Code in seinen Scanner eingelesen werden. Mit diesem Scanner werden auch die genaue Zeit einer Paketzustellung, die Leerung des gelben Postbriefkastens und die Dauer der morgendlichen Darmentleerung erfasst. Der Roboterpöstler geniesst sozusagen keine Freiheiten mehr und der freundliche Schwatz mit der Pensionärin wird zur Arbeitszeitfalle. Nicht auszudenken wenn der beladene Postanhänger zusammenfällt, weil er überladen war, dabei wollte sich der Pöstler aus lauter Stress doch nur einen Gang zurück zur Zustellfiliale ersparen.

 

Aber das ist ein anderes Thema. Meine persönliche Post-Vergangenheit und der offensichtlich gebliebene Schaden haben mich abschweifen lassen.

 

Zurück zur B-Post. In Härkingen steht eine gigantische Briefsortieranlage, die Briefe für die ganze Deutschschweiz in exakt der Reihenfolge sortiert, wie sie der Pöstler danach zustellen wird. Die Postdrohne in der Zustellfiliale entscheidet nicht mehr selber ob er weisse und blaue Briefbunde auflösen will, er liefert nur noch aus, was die Maschine vorbestimmt hat. Fast ebenso viel Platz wie die Maschine, braucht in Härkingen der Bereich, in dem die B-Post gelagert wird. Zwar wäre es technisch möglich – und vermutlich auch einfacher – alle aufgegebenen Briefe in der Schweiz am Folgetag zuzustellen, das will die Post aber nicht. Sekunden-Molekül-Berechnungen, eingescannte Arbeitszeiten und exakt programmierte Mitarbeiter: Ja – Alter Zopf B-Post abschaffen: Nein.

 

Zumal die A-Post ja sowieso nicht ankommt wenn man sie braucht.

 

Mich dünkt, ich schweife schon wieder ab. Worauf wollte ich eigentlich hinaus?
Ach ja: Alles Gute zum 25. Geburtstag, liebe B-Post.

 

 

Lieber TCS, was soll dieses Bild?

Schade eigentlich, wird am Ende des Jahres nur das Unwort des Jahres erkoren. Ich habe nämlich schon im Februar das Un-bild des Jahres gefunden. Ich meine, ich bin nun wirklich nicht der verklemmte Mahnfinger-Erheber und ein provokatives Bild kann ja auch mal ganz lustig sein. Dieses TCS-Bild aber ist einfach nur das schlechtesete Pressebild des Jahres. Ach, was sage ich, des Jahrhunderts.

 

Jahrzehnte lang haben sich die Frauen in diesem Land zum Beispiel gegen das Vorurteil des zerbrechlichen Wesens gewehrt, lernten starke Frauen zu sein, denen man nicht zwingend über die Strasse helfen muss. Sie setzten sich zurecht für gleiche Rechte und seit kurzem auch  für eine Armlänge Abstand ein, überlassen inzwischen selbstbewusst den Kochherd auch mal den Männern, erreichten Schritt für Schritt das, was ein normal funktionierendes Hirn als selbstverständlich wahrnehmen sollte: Frau darf alles, was Mann auch darf und umgekehrt. Sie ticken zwar noch immer komplett anders, sind oft ein Buch mit sieben Siegeln und wo bleibt eigentlich der Duden „Frau-Deutsch Deutsch-Frau“? Aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist: rationell gibt es keinen Grund Frauen anders zu behandeln als Männer.

 

Und dann kommt der TCS.

 

Oder besser: Die Werbefirma, die für den TSC eine Hochglanz-Fotokampagne produziert hat, aber letztlich ist es der TCS der die Bilder absegnet und wie jüngst passiert, per Medienmitteilung versendet. Nämlich dieses:

tcs-patruille-1

Jahrzehnte lange harte Arbeit des femininen Widerstands einfach über den Haufen geworfen. Mit einem Bild das in Sachen Natürlichkeit ein knappes „Naja“ bekommt, aber auch das ist eine andere Geschichte. Beschäftigen wir uns mit dem Sujet und der Frage: Was sehen wir auf diesem Bild? Ein 1,90 Meter grosses TCS-Model legt zärtlich und doch männlich bestimmend einer in Pannen-Not geratenen verheirateten Frau seine (!) Jacke um die Schulter. Mit deutlich weniger als einer Armlänge Abstand. Daneben zwei erleichterte Kinder, eingelullt in eine Decke vermutlich vom selben Model, bewundern sie den Supermann in Gelb, den Retter in Not, den Helden des TCS – lieber draussen, als im Auto, wo es ein paar Grad wärmer wäre. Wahrscheinlich hat jmand den Schlüssel im zentral verriegelten Computer liegen gelassen, weil  hier am Strassenrand in der Pampa  einfach mal alle so zum Spass ausgestiegen sind.

 

Und wer steht da ganz links? Kaputt, unbrauchbar, ausgestossen und ungeliebt? Nein, ich meine nicht das Auto. Ich meine den Bünzli-Typen im Pullunder. Wie er nachdenklich in die Weite der Passstrasse blickt, wissend, dass er jämmerlich versagt hat, versunken in Gedanken die ihm gerade sagen, wie elend er gescheitert ist. Nicht nur das Auto ist am Arsch, nein er schafft es nicht einmal seiner Frau wärmend den Arm um die Schulter zu legen. Lieber behütet er das Auto, dieser Sack, kein Wunder liebt ihn niemand.

 

So viel Klischee wollte der TCS wahrscheinlich nicht vermitteln, aber bei mir als aufgeschlossener, nachdenkender Kunde kommt das so an. Ist das jetzt wirklich euer Ernst, lieber TCS? Oder steckt da etwa Kalkül dahinter und wir sind gar keine Kunden, sondern folgsame Klone die der gleichgeschalteten Lügenpresse gehorchen? Nächste Woche kommen nach 14 Jahren, neue Folgen von Akte-X.

Das kann kein Zufall sein.

Bild: Mediendienst TSC ( zVg.)

 

 

upc cablecom: Zwei Lügen in zwei Zeilen

Die Mitteilung: «Helfen Sie mit, unsere Umwelt zu schonen und verzichten Sie auf eine Papierrechnung. Sie sparen damit auch Geld, denn ab 1. Januar 2015 verrechnen wir pro Papierrechnung CHF 3.-» …so ein Blödsinn.

upc-papier

Liebe upc cablecom

Sagt mal, werdet ihr nicht einmal mehr rot beim Schummeln? Ich meine nicht die Tatsache, dass bei der abonnierten Internet-Leistung längst nicht das raus kommt, was versprochen wird. Ich meine den Teil mit der Umwelt. Und den Teil mit dem Sparen.

 

Wir haben in der Schweiz mehr als genug nachwachsendes Nutzholz für die Produktion von Papier. Diese ist mehrfach als umweltfreundlich zertifiziert und die Transportwege für das fixfertige Produkt sind kurz. Ein grosser Teil des Papiers wird wieder verwertet um es noch einmal als Papier verwenden zu können. Und noch einmal. Und nocheinmal. Eine Papierrechnung ist gefühlte tausendmal besser für die Umwelt als eine elektronische. Um die von der upc Cablecom angepriesene Art der Bezalung durchzuführen,  muss ich nämlich meinen PC einschalten, dessen Teile aus China stammen und in Produktion und Verbrauch eine miserable Öko-Bilanz aufweisen. Internetverbindung, Stromverbrauch meines Modems, Routers, PCs und des Bank-Servers verbrauchen ein Mehrfaches an Ressourcen, als dies zwei Seiten bedrucktes Papier jemals schaffen könnten. Ich bin wahrlich kein Öko-Mensch, aber bitte, liebe Cablecom, schreibt nicht „Umweltschutz“ hin, wenn Ihr „Schutz unseres Gewinns“ meint, denn der einzige Nutzen, den eine elektronische Rechnung bringt, ist euer eigener.

 

Es ist übrigens gelogen wie gedruckt, wenn ihr mir auch noch schreibt, ich würde 3 Franken sparen, wenn ich auf die gedruckte Rechnung verzichte. Tatsache ist, dass ich beim künftigen Erhalt der elektronischen Rechnung einfach gleich viel zahle wie bisher, also keine Spur von „Sparen“.

 

Wenn es der upc Cablecom tatsächlich um die Umwelt ginge, würde sie lieber endlich damit aufhören die Rechnungen per Mitte Monat, zahlbar innert 10 Tagen zu verschicken. Wer seine Zahlungen nämlich per Ende Monat macht (oder machen muss, weil vorher kein Geld da ist) bekommt schon sicher eine Mahnung. Gedruckt oder ungedruckt spielt da keine Rolle. Beide Arten kosten unnötigerweise entweder Papier oder sonst irgendwelche Ressourcen.

 

Ich werde deshalb nicht auf eine Papierrechnung verzichten, sondern diese  am Postschalter einzahlen, was erst noch Arbeitsplätze erhaltet und werde zusätzlich Strom, Serverkapazität und Traffic darauf verschwenden, diesen Blog zu schreiben um einfach mal wieder daran zu erinnern, dass Konsumenten zu oft für dumm verkauft werden. Schade erhebt darauf niemand eine Gebühr – er könnte Millionär werden.

«Stopp, keine Werbung» – der Post ist’s egal

In einen Briefkasten, an dem ein «Stopp-Kleber» angebracht ist, wird keine Werbung zugestellt. Die Post weicht nun diese Regelung offenbar auf und verärgert die Kunden in unserer Region. Damit verstösst sie aber gegen geltende Regeln.

werbungDie Werbung ist ein wichtiger Motor unserer Wirtschaft. Ohne Werbung würden weniger Produkte verkauft, es gäbe keine Gratis-Apps für Smartphones und Zeitungen wären unbezahlbar.Werbung ist nötig, zuweilen auch lustig, aber manchmal einfach nur nervtötend.Wer wenigstens seinen Briefkasten vor der Werbeflut schützen wollte, konnte sich bisher in Sicherheit wähnen, wenn an seinem Kasten «Keine Reklame», «Stopp, keine Werbung », oder ähnliches stand. Unadressierte Sendungen sollten dann nur noch zugestellt werden, wenn es sich um politische oder amtliche Publikationen handelt, oder wenn der Werbeanteil eines Anzeigers eine gewisse Grenze nicht überschreitet. «Bruttozustellung » nennt dann zum Beispiel die Post diese Zustellart.

«Stoppkleber» werden ignoriert

Seit Ende 2013 stellte die Schweizerische Post in mindestens fünf Fällen eine reine Werbedrucksache brutto in alle Haushaltungen zu – also auch da, wo der Kunde mit einem «Stoppkleber» den Empfang ganz klar verweigert hat. Bei der Sendung handelte es sich jeweils um eine Drucksache in Zeitungsform des selben Versenders, die jedoch ausschliesslich Werbung enthält. Dies sei «eine beliebte Zeitung», sagt dazu Nathalie Dérobert Fellay, von der Schweizerischen Post auf Anfrage und erklärt, warum die Werbung «brutto» zugestellt werde: «Die Post berücksichtigt die Anliegen ihrer Empfängerkunden. Es ist eine Abwägung von Verleger- und Empfängerwunsch, so wie es die Selbstregulierung der Branche vorsieht.»

Post handelt unlauter

Die Frage ist nur: Woher will die Post wissen, wann und warum der «Stoppkleber» aus Sicht der Empfänger plötzlich nicht mehr gelten soll? Hat sie bei den Kunden nachgefragt? Sprecherin Dérobert Fellay verweigert eine Antwort und verweist darauf, dass bisher keine Reklamationen eingegangen seien. Wer eine Werbesendung nicht wünscht, «kann sich an den jeweiligen Verlag wenden und sich auf eine sogenannte ‹Negativliste› setzen lassen. Die Post stellt danach die Gratiszeitung nicht mehr zu, womit dem Wunsch des Empfängers Rechnung getragen wird.»

Ganz anders sieht das Janine Jakob, Rechtsberaterin der Stiftung für Konsumentenschutz SKS. Die Post selber sei es, die den fraglichen Prospekt in ihren Richtlinien als Werbebroschüre definiert. «Die Zustellung stellt eine unlautere, aggressive Werbemethode im Sinne von Artikel 2 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Ob ein Printprodukt von der Post als beliebt eingestuft wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang irrelevant», hält Jakob fest.

Direktwerbung noch attraktiv?

Die Post ignoriert nach Auffassung des SKS also Gesetze und auch den Wunsch der Empfängerkunden. Aber warum tut sie das? Ein ehemaliges Post-Kadermitglied, das nicht namentlich genannt werden möchte, hält diesen Grund für möglich: «Schauen Sie sich die vielen ‹Stoppkleber› an den Briefkästen an. Die Reklamezustellung ist schlicht nicht mehr attraktiv». Es würde also auf der Hand liegen, die Zustellkriterien zu Gunsten einer Mehreinnahme zu verändern. Dass dabei die Empfängerkunden nicht gefragt, sondern bevormundet und zudem Branchenregeln und Gesetze ausser Acht gelassen werden, scheint die Post nicht zu interessieren: Sie will an der Praxis festhalten.

 

Dieser Artikel erschien im Wynentaler Blatt Nr. 3/2014.
Texte aus der Zeitung. Sie haben den Nachteil, dass man die richtige Ausgabe gekauft haben muss, um sie (nach-)lesen zu können. Egal ob es der grösste Schrott war, oder ein Glanzlicht der Weltliteratur: Verpasst man die Zeitung, ist der Text für immer weg. Aus diesem Grund erscheinen im Goggiblog meine kleinen Perlen aus dem Wynentaler Blatt. Für die Ewigkeit konserviert, sozusagen.

 

Liebeserklärung an den Letzigrund

Immer wird geschimpft, das Letzi sei für leichte Athleten gebaut worden, aber sicher nicht für Fussball-Schwergewichte. Und dennoch sind Woche für Woche für viele Sektoren gar keine Tickets erhältlich. Die Nähe, die Wärme im Stadion geht so weit, dass wenn ein Tor fällt, man hier spontan mit dem Sitznachbar abklatscht, selbst wenn man dafür ein paar Sektoren rutschen muss. Auf dem Weg zurück in den kuscheligen Sitz Nr. 48 in der idyllisch mittig gelegenen Reihe 15, empfiehlt sich ein kleiner Abstecher an den Burger-Stand ganz hinten auf der Terrasse in der Ecke des Sektors F. Ohne lange anstehen zu müssen bekommt man seinen Hamburger, der durch beide Handflächen gewärmt, ganz ordentlich schmeckt. Hier trifft man Menschen und es entwickeln sich freundschaftliche Gespräche wie: „Wo sitzt du – im Sektor A – ach so, du bist das“. Und man weiss, hier ist man zu Hause, hier ist man nicht allein.

Ich schreite durch den gefühlt 500 Meter langen Gang vom Medienraum zum Spielfeldeingang. Ach was, ich flaniere. Links und rechts das stilvolle Nichts von farblos gehaltenen Wänden. Ich spüre das Leben und die Leidenschaft dahinter, auf dem aufgeschütteten Üetliberg, der quasi der Grenzstein bildet zwischen GC und FCZ, eine Linie die hier quer durchs Stadion führt. Dann ein Zwischenruf des Speakers, vielleicht etwas unmotiviert „Foschini“ aussprechend, wie es geschrieben wird. Es steht 1:2 gegen das Heimteam, wer mag es ihm verübeln. Ich habe die Fototasche vergessen, also zurück in den Medienraum, diesmal über die Alternativroute via Tribüne, Terrasse und Burger-Stand im Sektor F wo es auch Bier gibt. 1,8 Kilometer mit 7 Meter Höhenunterschied, ich erwarte jeden Moment einen Hauptwegweiserstandort.

Das Spiel ist aus, das Eventparadies ist schnell verlassen, doch Parkieren im Letzipark erwies sich als eigentlicher Höhepunkt des Tages. 20 Franken kostet das Parkhausticket, oder so viel wie zweieinhalb Burger im Sektor F. Wir fahren am Grinsen des Parkhauswächters vorbei, stellten fest, dass es bei den Verrichtungsboxen weiter oben deutlich mehr Zuschauer gibt als im Sektor A und liessen uns in der 60er-Zone auf der A1 bei Altstetten für 40 Franken ein Blitzbild anfertigen. Dann hat uns der Aargau wieder. Und mit uns drei Punkte. Merci Letzigrund, wir kommen gern wieder.

Mit Steilpass nach Zürich und überhaupt nicht bös gemeint.

fastleer0:2, 38 Zuschauer, keine GC-Stürmer in Sicht.
Nur ein Zwischenstand, es besteht noch Hoffnung

Nahrung

nahrung250’000 Tonnen Nahrung wirft die Schweizer Bevölkerung pro Jahr einfach so weg. Das hat das Bundesamt für Statistik herausgefunden, nachdem Güsel-Kontrolleure Stichproben im Haushaltsmüll durchgeführt und daraus eine Hochrechnung erstellt haben. Zweifellos eine dramatische Zahl. Störend an diesem enormen essbaren Abfallberg ist, dass er in dieser Form gar nie zu sehen ist und alleine auf die Schockwirkung in die Richtung des Konsumenten zielt. Die Statistiker bedienen sich dabei des Phänomens, dass die meisten Menschen die Relationen gar nicht wahrnehmen. 250’000 Tonnen sind für sich genommen eine riesige Zahl.

Klar, jedes entsorgte Jogurt ist eines zu viel. Mehr als das ist es aber auch nicht. Bricht man die 250’000 Tonnen Nahrung auf Personen und Tage herunter, wirft jeder von uns täglich gut portionierte 100 Gramm Esswaren weg. Seien wir mal ehrlich: Ein Viertel Sandwich, ein halbes Jogurt, das alte Stuück Brot – 100 Gramm sind schnell beisammen,
ohne dass wir mit Vorsatz verschwenderisch handeln. Berücksichtigt man, dass es wahrscheinlich eine Gruppe gibt, die Esswaren kiloweise wegwirft, sinkt die Pro-Kopf-
Sünde von uns Normalverbrauchern deutlich unter diese Marke.

Damit soll das Wegwerfverhalten unserer Gesellschaft nicht verharmlost werden. Grund, den Empfängern der Botschaft ein kollektives schlechtes Gewissen einzubläuen, gibt es aber trotzdem nicht. Zumal die Mitverantwortlichen der Misere nicht alleine Herr und Frau Schweizerhaushalt sind.Heute werden auf Nahrungsmitteln bewusst zu knappe Verfalldaten aufgedruckt. Beispiel Jogurt. Es ist bekannt, dass diese mindestens einen Monat über dasVerfalldatum hinaus verzehrt werden können. Alle Nahrungsmittel mit Salz, Erdnüsschen, Pommes-Chips, eingelegte Ware, Konserven, Trockenfleisch, aber auch Kaffee oder Kakaopulver, trockene Pasta und Schokolade, um nur mal ein paar gängige Esswaren aufzuzählen, sind weit über das aufgedruckte Datum geniessbar. Käse! Käse reift teilweise monatelang – und luftdicht abgeschlossen im Kühlschrank soll er nur noch zwei Wochen geniessbar sein? So ein Käse!

Gerne nehmen wir zur Kenntnis, dass 100 Gramm essarer Abfall pro Tag und
Person zu viel sind.Wir geloben Besserung und essen das Brötchen in Zukunft auf. Gleichzeitig sei der Ball an die Nahrungsmittelindustrie weitergespielt, die statt absatzorientierte Verfalldaten die tatsächliche Haltbarkeit auf ihre Verpackungen drucken soll. Denn hier tritt ein anderes Phänomen in Erscheinung: Steht 1. Februar drauf, wandert das Essen vielerorts am 2. Februar in den Güsel.

 

Dieser Artikel erschien im Wynentaler Blatt Nr. 10/2014 als Titelkolumne.
Texte aus der Zeitung. Sie haben den Nachteil, dass man die richtige Ausgabe gekauft haben muss, um sie (nach-)lesen zu können. Egal ob es der grösste Schrott war, oder ein Glanzlicht der Weltliteratur: Verpasst man die Zeitung, ist der Text für immer weg. Aus diesem Grund erscheinen im Goggiblog meine kleinen Perlen aus dem Wynentaler Blatt. Für die Ewigkeit konserviert, sozusagen.

Kompliziert

Das war dicke Postkanton! Ein Couvert, so dick wie das Telefonbuch. Inhalt: Ein 271 Seiten dickes Buch im A4-Format zum Thema «Aufgaben- und Finanzplan des Kantons Aargau 2014 bis 2017». Dazu eine 85 Seiten lange Botschaft des Regierungsrates sowie weitere 60 Seiten zu Synopse und Leistungsanalyse. Mein Chef übergab mir die Lektüre feierlich, doch ich fragte ihn und mich: «Soll ich sie direkt in den Papierkorb werfen und wenn nicht: Wann soll ich das lesen?» Nicht, dass der Inhalt langweilig wäre. Aber wenn ich das ganze Wissen in einen Dreispalter packen soll, brauche ich mindestens ein gutes Weilchen. Und ich bin da nicht der Einzige:Da sind Politiker und Berater, Lobbyisten und Experten, die sich auf den aktuellen Wissensstand bringen müssten. Schliesslich entscheiden sie darüber, ob der Aargau für die polizeiliche Sicherheit bis ins Jahr 2017 80 Millionen statt nur 74 Millionen Franken heute ausgeben soll. Oder es muss ihnen klar sein, warum das Globalbudget für die Volksschule im gleichen Zeitraum um 93 Millionen sinkt, während es für Hochschulen bereits im nächsten Jahr um 40 Prozent angehoben wird.

Also ran an die 85-Seiten-Botschaft, liebe Politiker, denn wenn wir nicht drauskommen, ergreifen wir das Referendum! Dann schickt uns nämlich der Kanton ein viel kleineres und leichteres Büchlein, das wir auch viel schneller gelesenhaben. Falls es packend geschrieben ist und die tabellarisch-verschachtelten Informationen leserfreundlich dargestellt werden, verstehtsich. Da frage ich mich, ob es nicht von Anfang kürzer gegangen wäre, den Menschen zu erklären, wohin ihr Geld verschwindet, wenn es nicht gerade zu einem 416-seitigen Dokument verarbeitet wird. Ich bin zwar sicher, dass uns die interessierten Empfänger des Schinkens jederzeit genau sagen können wie wir uns zu entscheiden haben, falls wir dann mal gefragt würden, aber bei so viel Lektüre werde ich den Eindruck nicht los, das alles werde extra verkompliziert, damit dem vermeintlichen Souverän gar nichts anderes übrig bleibt, als den Politikern, zu vertrauen. Ich jedenfalls habe das Dokument wieder aus dem Papierkorb gefischt. Und werde es lesen.Wahrscheinlich. Versprochen.

PS: Falls jemanden die Neugier packt:Das Buch kann man hier herunterladen.

 

Dieser Artikel erschien im Wynentaler Blatt Nr. 70/2013 als Titelkolumne.
Texte aus der Zeitung. Sie haben den Nachteil, dass man die richtige Ausgabe gekauft haben muss, um sie (nach-)lesen zu können. Egal ob es der grösste Schrott war, oder ein Glanzlicht der Weltliteratur: Verpasst man die Zeitung, ist der Text für immer weg. Aus diesem Grund erscheinen im Goggiblog meine kleinen Perlen aus dem Wynentaler Blatt. Für die Ewigkeit konserviert, sozusagen.