«Schwierig, es allen recht zu machen»

Das TaB Theater am Bahnhof hat ein lebhaftes Wochenende hinter sich. Nach den tänzerischen Einlagen von «Flamenco en route» am Samstag, war tags darauf mit Alex Capus ein im deutschsprachigen Raum anerkannter Buchautor zu Gast im Kleintheater und präsentierte sein neues Buch.

Best of rc. @ Wynentaler Blatt 2014 – Februar (2/5)

capusNach seinem grossen Erfolg «Léon und Louise» sei es schwierig gewesen, ein geeignetes Nachfolgewerk zu schreiben, sagte der Autor zu Beginn der Lesung und versuchte die Erwartungen seiner Leser etwas zu kanalisieren: «Beim neuen Buch sagt die eine Hälfte, so gut wie das letzte sei es also nicht. Und die andere Hälfte meint, es sei eine Kopie vom Buch vorher.» Und dabei nahm sich der Autor selbst vor, «etwas ganz anderes zu machen».

 

Ein Foto, drei Geschichten

Es sei eben schwierig, es allen recht zu machen, resümierte Capus und widmete sich dann den drei Charakteren seines Buches. Diese wurden auf einem erfundenen Bild vereint, das 1924 im Hauptbahnhof in Zürich entstanden sei. Capus beschreibt, wie die drei real existierenden Personen sich von jenem Zeitpunkt her weiter entwickelt haben. Da ist Felix Bloch, 19-jähriger Wissenschaftler der Quantenmechanik und grundsätzlich Pazifist, der nach dem Siegeszug von Nazideutschland als Jude schnell erkannte, sich nach Amerika absetzen zu müssen. Dort half er Robert Oppenheimer eher ungewollt, die Atombombe zu erfinden. Der zweite Protagonist ist Emile Gilliéron, der in Griechenland lebend auf der Durchreise nach Genf war. Im Gepäck die Asche seines verstorbenen Vaters, um dessen letzten Willen zu erfüllen. Und zuletzt will Laura d’Oriano zwar Sängerin werden, doch kommen schliesslich ihre Spionagefähigkeiten in Italien zum Einsatz.

Perfektes Wochenende

Mit seiner warmen, tiefen Stimme gewann Alex Capus die Aufmerksamkeit der Zuhörer im Nu. Eloquent, wortgewandt und mit gezielten Pointen, beschrieb er die minutiösen Recherchen und die Entstehung seines Buches. «Sie können mich über den Magnetismus eines Neutrons ausfragen, da weiss ich jetzt was». Unterhaltsam und ohne Hektik vorgetragen, bereicherte der Autor den Sonntagmorgen im Theater am Bahnhof. Die Matinée fand sehr guten Zuspruch bei den Zuhörern und rundete ein gelungenes Wochenende ab. Schon am Tag davor begeisterten die Flamencos en route mit «paso por paso» das begeisterte Publikum. Mit internationaler Musik und Literatur der Spitzenklasse, gelang dem Theater am Bahnhof damit ein perfektes Wochenende.

Dieser Artikel erschien im Wynentaler Blatt Nr. 9/2014.
Texte aus der Zeitung. Sie haben den Nachteil, dass man die richtige Ausgabe gekauft haben muss, um sie (nach-)lesen zu können. Egal ob es der grösste Schrott war, oder ein Glanzlicht der Weltliteratur: Verpasst man die Zeitung, ist der Text für immer weg. Aus diesem Grund erscheinen im Goggiblog meine kleinen Perlen aus dem Wynentaler Blatt. Für die Ewigkeit konserviert, sozusagen.