Preisvergleich II

Jetzt mal ehrlich. Die „radikalen Preissenkungen“ mit denen hierzulande bei Grossverteilern um die Käufergunst gebettelt wird, sind ja wohl ein blanker Witz. Man gebe den tiefen Euro an die Kunden weiter, heisst es, und sogar vom Boykott von Zwischenhändlern einzelner Produkte war Ende 2011 die Rede. „Uncle Ben’s“ gab es zwischenzeitlich nicht mehr überall zu haben – inzwischen gehören leer geräumte Verkaufsreale jedoch schon wieder der Vergangenheit an und der Kunde „profitiert“ von Vergünstigungen bis zu 20%. Sagen die Grossverteiler.

Ach ja? Es gibt bestimmte Gründe, warum ein Restaurant für eine Tasse Kaffee Fr. 3,10 (Manor, Baden) oder Fr. 4,50 (Himmel, Baden) verlangt – obwohl der reine Warenwert ein paar Rappen ausmachen dürfte. Die Regulierung über den Preis für Kafi oder Bier ermöglichen es der Beiz verhältnismässig günstige Menü-Preise anzubieten, bei denen dann nur eine minimale, oder fast gar keine Marge herausschaut. Warum aber Markenprodukte in Schweizer Verkaufsregalen durchs Band massiv überteuert sind ist für mich unverständlich. Selbst HSG-Studenten können nur nachbeten, was ihnen eingetrichter wird – erklären kann es keiner.

Beispiel Kosmetika. Eine 100ml-Flasche NIVEA Styling Mousse Volume Sensation kostet bei Coop „dauerhaft reduziert“ statt Fr. 7,20 nur noch Fr. 6,40 – das war in der hauseigenen Coop-Zeitung nachzulesen (im Bild rechts). Der Sprung über die Grenze offenbart uns aber einen mittleren Preisschock. Das identische Produkt kostet im Kaufland Waldshut Euro 1,75 (im Bild links). Wer die Mehrwertsteuer an der Grenze zurückverlangt bezahlt also gerade mal Euro 1,41. Umgerechnet auf Schweizer Franken ergibt das einen Preis von Fr. 1,69. Damit ist das identische Produkt in der Schweiz 278 % teurer! Oder umgekehrt: In Deutschland kostet eine 100ml-Flasche NIVEA Styling Mousse Volume Sensation 73% weniger. Selbst unter Berücksichtigung der Transportwege und der höheren Löhne der Schweizer, ist der Preis bei uns massiv zu hoch.

Diese Berechnungen lassen sich auf den gesamten Wocheneinkauf anwenden. Waschmittel, Deos, Zahnpasta und Kleider kosten durchschnittlich (auch dank dem MwSt-Abzug) rund 60% weniger. Frischprodukte wie Fleisch und Milch schlagen trotz tieferer Mehrwertsteuer ähnlich zu Buche. Wegen den Einfuhrbestimmungen dürfen wir chweizer davon nicht viel importieren und wir schielen neidisch auf die unglaublich tiefen Fleischpreise: Euro 3,59 für ein Schweinefilets, Euro 4,90 für die gleiche Menge Rindsragout – die Schweiz ist 5 Mal teurer.

In diesem Sinne: Liebe Schweizer Grossverteiler, macht doch mal einen wirklichen Preisabschlag und nicht nur einen, der aussieht als ob.

Ein Gedanke zu „Preisvergleich II

  1. Lieber Goggi

    Ich könnte dir dutzende solche Beispiele nennen. Von Babymilch welche hierzulande CHF 29.95 kostet und die genau gleiche im nahen Ausland knapp 12 EUR, über Waschmitte, hier CHf 16, drüben knapp 5 EUR, über meiner bevorzugten Deomarke, hier 5.95, dort 1.29 EUR, bis hin zu verschiedenen Lebensmittel, Haushaltsartikel, Kleidung… die Liste ist fast unendlich. Nein, es ist nicht immer alles günstiger, aber vieles.
    Da muss man sich über den Einkaufstoursismus auch nicht wundern.
    Mit Kollegen aus dem nahen Ausland plaudernd, höre ich jedesmal das gleiche: Ja aber ihr habt ja vieeeeeel höhere Löhne!!!! Ja klar. Nur, bezahlen wir den Zahnarzt selber. Wir haben keine 3 Jahre Elternurlaub mit Lohn(anteil)fortzahlung, sondern lediglich ein paar Wochen. Mietzinsen sind mitlerweile in einem Bereich der jenseits von gut uns böse ist. Nicht jeder Schweizer arbeitet bei der Bank – okee auch denen gehts nicht mehr so gut, aber trotzdem.. – und hat ein dickes Bankkonto. Die meisten Schweizer haben einen durschnittlichen Job mit durschnittlichem Einkommen. Alleinstehend mag das ja noch reichen um relativ moderat zu leben. Aber Familien? Nun ja, sie mögen mir deswegen faule Eier nachwerfen, aber ich kauft dort ein wo es mir mein monatliches Budget erlaubt. Ist es nicht hier, ist es halt woanders. Ich bin nicht Krösus.

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