2033 Herzen schlagen für den FC Aarau

Mindestens! Geht man davon aus, dass nicht jeder FC Aarau-Fan die Möglichkeit hat, einfach so mal das ganze Taschengeld für ein neues Stadion auszugeben, so beeindruckt die Anzahl Spender von 2’033 um so mehr. Diese haben innerhalb von 7 1/2 Monaten auf Initiative von meinstadion.ch  knapp zwei Millionen Franken zusammengekratzt. Es handelt sich dabei um dem Betrag, der bei der Finanzierung des neuen Stadions als Anteil aus der Bevölkerung vorgesehen ist. Dieser Betrag ist nun da – wie er zustande gekommen ist: eindrücklich!

 

Gerechtigkeitsbrunnens_in_AarauKritische Stimmen geben es mir immer wieder ungefragt auf den Weg: Das hat ja sowieso keinen Sinn; wenn man so spielt braucht es kein neues Stadion; da gibt es sowieso nur Schlägereien, es gibt ja sowieso nur wieder Einsprachen, Fussball ist nur noch Kommerz und die Spieler verdienen viel zu viel.

 

Ich kann es gar nicht mehr hören und obwohl jede dieser Behauptungen entkräftet werden kann, haben sie sich in vielen Köpfen festgesaugt. Die noch viel schwierigere Arbeit als Geld zu sammeln, steht uns deshalb noch bevor: die Aarauerinnen und Aarauer davon zu überzeugen, dass der Fussball in Aarau genau so seine Daseinsberechtigung hat, wie das Stadtmuseum, Wildpark, Reithalle, Stadtgärtnerei, Kiff, Tuchlaube, Rüeblimärt, Kunsthaus, Naturama und und und. Man möchte sich vor den Gerechtigkeitsbrunnen stellen und Justitia fragen: Warum nur müssen wir seit bald 20 Jahren um unsere Existenz bangen?

 

Ich will die Behauptungen noch schnell entkräften: Doch es macht Sinn. Fussball besteht nicht nur aus einem Heimspiel alle zwei Wochen. Es sind Tausende Menschen die direkt oder indirekt vom FC Aarau profitieren, sei es als Spieler, Junior, Trainer, Funktionär, Angestellter, Polizist, Sponsor, Zuschauer, Journalist, Fotograf, Politiker, Familienernährer – die Liste ist unfertig. Neben dem wirtschaftlichen Faktor, haben viele Leute viel Herzblut in den Verein gesteckt. Ich denke da an jene, die sich auf eigene Kosten zigtausendfrankenteure Foto- und Videoausrüstungen besorgen und an einem Mittwoch nach Chiasso fahren um über ein Spiel zu berichten. Ich denke an die Initianten von meinstadion.ch, oder die Leute von der Platzgenossenschaft Brügglifeld, an die Ortsbürger von Aarau, oder an die 20 Fans, die sich ein paar Kessel Farbe besorgt haben und die Stadionwand ein weiteres Mal angemalt haben. Auch diese Liste ist unfertig.

 

All diese Leute müssen das nicht tun, sie wollen es. Es ist ihre Welt, ihr Zuhause. Der Grundlohn eines durchnittlichen Fussballers ist übrigens nicht höher als ein guter KV-Lohn. Und wenn man Fussball verbieten will, weil 0,04%* der Zuschauermenge straffällig geworden sind, müsste man im Vergeich dazu wegen der vielen Ladendiebe ja schon längst alle Einkaufsläden schliessen. Und alle Autobahnen, wegen der Raser. Wer sein Urteil über Sein oder Nichtsein nach der Momentaufnahme einer Schlagzeile fällt, handelt falsch.

 

Und was die Einsprachen angeht: Da sind wir, mit dem schwarz-weiss-roten Herzen in der Brust einmal mehr gefordert mit kleinen und grossen Gesten dem FC Aarau zu helfen. Und sei es nur, mit einem Kessel Farbe in der Hand.

 

wand

 

Bildquelle Gerechtigkeitsbrunnen: Joachim Kohler, Bremen/Wikipedia
Bildquelle Stadionwand: Remo Conoci
* Von den 47’172 Zuschauern im Brügglifeld in der Saison 2017/2018 wurden geschätzt 20 Personen aktenkundig, das sind 0,04%.

 

Torfeld Süd: Noch einmal 40 Tage warten

torfeld_ballDie Mitteilung ist wie Balsam auf die Wunden derer, die sich seit Jahren für den Bau eines neuen Stadions einsetzen. Von den vielen Rückschlägen gezeichnet, mag aber noch niemand so recht jubeln. Gegen den Entscheid können die involvierten Parteien nämlich 30 Tage lang Beschwerde führen, ab Zustellung des Entscheides. Vor dem 1. März braucht man also gar nicht an die Spatenstich-Schaufel zu denken.

Der Wortlaut der regierungsrätlichen Mitteilung:

«Gegen die Baubewilligung der Stadt Aarau für den Neubau eines Fussballstadions wurde Beschwerde erhoben. Der Regierungsrat hat die Anträge und Ausführungen der Parteien geprüft. Nachdem eine gütliche Einigung zwischen den Parteien nicht möglich war, hat der Regierungsrat nun an seiner Sitzung vom 21. Januar 2015 über die gegen den Stadion-Neubau erhobene Beschwerde befunden und sie vollumfänglich abgewiesen. Die rechtliche Überprüfung ergab, dass die strittige Bewilligung eines Multiplexkinos und der Verkaufsfläche von 2’000 Quadratmeter für Sportartikel, die Erschliessung und die Verkehrsbelastung rechtmässig sind. Der Beschwerdeführer hat nun die Möglichkeit, innert 30 Tagen seit Zustellung den Entscheid des Regierungsrates an das Verwaltungsgericht weiterzuziehen.»

Das bedeutet: 40 Tage warten. Vorher weigere ich mich, mich unnötig zu freuen.

(Bild: rc.)

 

Treffen der Traditionen

Mit St. Gallen und Aarau treffen zum Ende der Challenge-League-Saison zwei traditionsreiche Mannschaften aufeinender. Ihre gemeinsame Vergangenheit war geprägt von emotionsreichen Ereignissen, einem Skandalspiel und dem Jahrhunderttor von Massimo Colomba. Es gibt klare Hinweise, dass am kommenden Samstag der FC Aarau trotz desaströser Auswärtsbilanz in St. Gallen als Sieger vom Platz gehen wird.

Am 18. Mai 1982, vor fast auf den Tag genau 30 Jahren, gewann der FC Aarau bei der letzten Austragung des Ligacups das Final-Hinspiel in St. Gallen mit 1:0. 1’800 Zuschauer pilgerten aufs Espenmoos, René Rietmann traf in der 75.Minute. Es sollte einer von lediglich fünf Siegen bleiben, die der FCA in den folgenden drei Jahrzehnten in der Ostschweiz feiern würde.

Eines der torreichsten Spiele ereignete sich vor fast genau 16 Jahren, am 14. Mai 1996. Bis in die 35. Minute brachten Adrian Allenspach, Dani Wyss und ein Eigentorschütze den FCA mit 4:1 in Führung – die Aufholjagd der Ostschweizer kam zu spät, das Schlussresultat lautete 4:3 für Aarau. Beim FCA spielte damals auch ein gewisser Jeff Saibene, der aktuelle Trainer vom FCSG.

Saibene schoss für den FC Aarau insgesamt 3 Meisterschaftstore – zwei Drittel davon gegen seinen aktuellen Arbeitgeber: am 7. Oktober 1989 bei der 1:2-Niederlage im Brügglifeld und am 8. August 1992 gelang dem Luxemburger ebenfalls das seltene Glück. Der 1992 erzielte 4:1-Erfolg, stellt in der Aarauer Vereinsgeschichte gleichzeitig den höchsten Sieg in St. Gallen dar.

Weniger Glück hatte Saibene während der 12 Spiele als Cheftrainer des FC Aarau (Saison 2009/10). In St. Gallen ging die Partie mit 0:1 verloren und auch sonst musste der Luxemburger 8 weitere Niederlagen von der Seitenlinie aus miterleben. Dass ihm in der gleichen Saison drei weitere Trainer folgen sollten (Andermatt, Jakovljevic, Strasser) spricht jedoch eher gegen die Qualität der damaligen Mannschaft.

Umgekehrt hat auch Aaraus Trainer René Weiler eine Vergangenheit bei St. Gallen. Während seiner Tätigkeit als Sportchef kam es im Viertelfinal des Schweizer-Cups 2004/05 zum Penaltyschiessen zwischen St. Gallen und Aarau (welches Aarau gewann). Dies, nachdem der FCA dreimal in Führung ging. Unter anderem scheiterte dabei übrigens St. Gallens Daniel Imhof bei seinen Versuch vom Elfmeterpunkt. Der 34-Jährige steht auch am kommenden Samstag im Aufgebot der Ostschweizer.

In der einzigen Saison, in welcher René Weiler als Spieler beim FC Aarau engagiert war (1993/94), kam es nie zu einem Direktvergleich mit den Ostschweizern – St. Gallen spielte in jener Saison in der Nationalliga B.

Gegen St. Gallen gelang dem FC Aarau eines der spektakulärsten Tore der Vereinsgeschichte. Am 26. April 2003 kickte Torhüter Massimo Colomba den Ball über das ganze Spielfeld des Brügglifelds. Der Ball sprang einmal auf und flog ohne von einem anderen Spieler berührt zu werden ins Tor – Aarau gewann das Spiel 1:0.

Auch zu einem Skandalspiel war es zwischen den beiden Traditionsvereinen gekommen. Am 17. September 2006 gelang dem FC Aarau in einer bis dahin verkorksten Saison (7 Spiele, 1 Punkt) mit einem 4:0 der sportliche Befreiungsschlag. Doch das Spiel wurde in eine 0:3 Forfait-Niederlage umgewandelt. Nach einer ungeahndeten Attacke gegen Aaraus Torhüter Colomba wurde dieser durch Ersatzkeeper Astrit Rrustemaj ersetzt, der jedoch keine Spiellizenz für die 1. Mannschaft besass.

Die Bilanz zwischen den beiden Teams ist sehr ausgeglichen. Nimmt man sämtliche Spiele seit der Gründung des FC Aarau im Jahre 1902 in die Buchhaltung, entstehen kuriose Zahlen: In 129 Spielen gewannen beide Teams je 46 Mal, bei 37 Gelegenheiten trennte man sich unentschieden – das Torverhältnis steht bei 196 : 196.

Seit dem Aufstieg des FC Aarau 1981 begegneten sich die beiden Teams bei 82 Gelegenheiten. Es resultierten 28 Siege für Aarau, 24 Unentschieden und 30 Siege für St. Gallen, bei einem Torverhältnis von 121:111 für die Aargauer). Auffällig ist die jeweilige Heimstärke der beiden Teams und entsprechend düster sieht die Auswärtsbilanz aus Sicht der Aarauer aus: Bei einem Torverhältnis von 39:63 resultierten in 41 Begegnungen gerade mal 5 Siege, davon 3 in der Meisterschaft. Der letzte Vollerfolg geht auf den 14. Mai 1996 zurück: Aarau gewann die Finalrundenpartie 4:3 und sicherte sich damit die Teilnahme am UEFA-Cup.

Fazit: Aarauer Vollerfolge in St. Gallen sind selten – doch wenn es um den Senf auf der Wurst ging, fanden die Aargauer immer auf die Siegerstrasse: 1:0-Sieg im Ligacup 1982, 4:1-Sieg in der Meistersaison 92/93, 4:3-Sieg und UEFA-Cup-Quali 1996, 7:6-Sieg nach Penaltyschiessen im Cup 1/4-Final 2005. Auch 2012 könnte der FCA mit einem Sieg in St. Gallen selber für eine prosperierende Zukunft sorgen. Der Fan-Zug in die Ostschweiz fährt am Samstag, 19. Mai um 14.31 Uhr, Gleis 0.