Das Arolfinger Lokalfernsehen

Im beschaulichen Niedergösgen beheimatet, nahe dem Kernkraftwerk und unweit der schönsten Schlosskirche der Schweiz, behauptet sich nun schon einige Jahre der Lokalsender ALF in der grossen weiten TV-Landschaft. «Aus der Region – für die Region» wollte man schon 1997 berichten und blieb diesem Grundsatz bis heute treu. Die «Region» um die es geht, erklärt sich dabei aus dem Namen «ALF», was ein Kürzel für «Arolfinger Lokalfernsehen» ist, wobei Arolfingen wiederum eine Wortschöpfung aus Aarau, Olten und Zofingen ist, wo selbstredend das Sendegebiet angesiedelt ist.

Hanspeter Schaufelbühl, Ruedi Vorburger und Roli Marti
sind ein eingespieltes Team

Ruedi Vorburger ist Talker im ALF. Er moderiert den „Talk im Schlosshof“ der bei meinem Besuch im Studio gerade aufgezeichnet werden soll. Als „Vorbi“ den Raum betritt ist der Geschäftsführer des Senders Werner Baumann bereits anwesend. Dieser ist gleichzeitig für die Technik, Regie und den Schnitt zuständig und hat bereits alles vorbereitet. Das ALF-Team kennt sich seit vielen Jahren. Roli Marti, der für diesen Sender auch das Sportgefäss «Goal» produziert und einen kleinen Apèro für mich vorbereitet hat, erzählt mir über die doch beachtlichen Umsatzzahlen. „Wir kommen mit einer schwarzen Null raus, aber vor allem, weil wir alle eherenamtlich arbeiten.“ Es ist also mehr ein Hobby als ein Geschäft? „Ja, auf jeden Fall!  Wir sind froh, wenn wir am Ende des Jahres einen Teil unserer Auslagen vergütet erhalten. Die Zeit darf man dabei nie rechnen. Es ist wie jemand, der in der vierten Liga Fussball spielt oder im Samariterverein mitmacht. Der investiert auch viel Zeit und verdient nichts dabei – oder bestenfalls mal ein positives Feedback.“

Geschäftsführer Werner Baumann am Regiepult

Wer nun aber meint, «ehrenamtlich» vertrage sich nicht mit «professionell», täuscht sich. Tatsächlich sind die Abläufe nicht nur tausendfach erprobt, das ALF-Team ist ein eingespieltes Team und liefert gute Arbeit ab. Besonders wenn über bekannte Persönlichkeiten berichtet werden kann, glüht das Feuer in jedem Einzelnen. Marti erzält mir, wie er einst im Restaurant um die Ecke ganz zufällig Mark Streit und Martin Gerber antraf, die wohl grössten Eishockey-Kaliber, welche die Schweiz je in die NHL exportiert hat. „Da konnte ich natürlich nicht anders, ich musste meine Kamera holen“ gibt der TV-Mann mit einem Funkeln in den Augen zu.

Horrormeldungen und Sensationsjournalismus gehören nicht zum Repertoire des Lokalsenders, der seine Studios im Bally-Areal in Schönenwerd einrichten konnte und durch Verteilung via Kabel eine Reichweite von 180’000 Haushalten besitzt. Man setzt auf Geschichten von Menschen und Events in der Region. Konzertmitschnitte gehören ebenso zur Themenvielfalt wie Sportberichte, Polit-Talks und Kulturereignisse in der Region. Auch bei meinem Besuch im Studio ist eine bekannte und beliebte Politikerin angekündigt und mich beschleicht ein bisschen der Verdacht, das Salzgebäck sei doch nicht für mich bereit gestellt worden. Pascale Bruderer soll dem Sender ein ausgedehntes Interview geben und man merkt auch hier den Machern wieder die Vorfreude an. Die 2010 als Nationalratspräsidentin amtierende SP-Frau soll über das zu Ende gehende Politjahr befragt werden. Ich konnte noch „das ist doch auch ein bisschen wie Lohn, wenn man jemanden wie Frau Bruderer treffen kann“ sagen, schon stand die zierliche Frau in der Türe. Doch wo sind die Bodyguards? Nichts da. Welch erfrischend natürliche Erscheinung sich uns präsentiert. „Wir können uns doch alle du sagen, oder?“ Pascale ist keine politische Nervensäge, sondern einfach mal Mensch. Freundlich, interessiert, zielstrebig. Eigenschaften, die man sich von manch anderem Politiker auch wünschen möchte, egal welcher Partei sie angehören. Und dass sie ihre Hündin Kala dabei hatte, macht die ganze Sache noch sympathischer.

Pascale Bruderer weiss etwas zu erzählen und zieht den Zuhörer in ihren Bann.

Nun geht die Aufzeichnung los. Hanspeter Schaufelbühl und Roli Marti stellen sich hinter Ihre Kameras und „Vorbi“ stellt die ersten Fragen. Am Regiepult sitzt Werner Baumann, regelt Lautstärke und schneidet das Bild. „Frau Bruderer ist eine gute Rednerin“ sagt’s und «Werni» lehnt sich gemütlich zurück. Er weiss, dass er bei diesem Interview nicht viel rumschneiden muss, denn da sitzen sich zwei Gesprächspartner gegenüber, die sich das Reden gewohnt sind. Nach 40 Minuten ist die Aufzeichnung vorbei.

Ruedi Vorburger moderiert die Sendung „Talk im Schlosshof“

Gefallen hat mir die Aussage von Pascale Bruderer, dass es auch ein „Leben neben und nach der Politik“ gibt und geben wird. Klar habe sie viele Berühmtheiten getroffen, wie einst den Dalai Lama. In ebenso schöner Erinnerung würden ihr aber auch Begegnungen mit Menschen bleiben, die ihr auf der Strasse einfach mal ein Feedback gäben. Noch zwei, drei Scherze und schon entschwand die vife Politikerin durch die Alf-Türe.

Den endgültigen Schliff an den Aufnahmen macht «Werni» zu Hause, zuweilen sich die restlichen Mitarbeiter bereits für die nächste Aufzeichnung vorbereiten. „Es hat noch Salzstangen“ sagt Roli, bevor er wieder hinter seiner Kamera steht. Das Interview mit Pascale Bruderer wird übrigens ab heute auf ALF gesendet. Ein neues Programm gibt es jeweils ab Donnerstag und wer nicht im Sendegebiet wohnt, kann gemütlich im Archiv stöbern: www.alf-tv.ch.

Sendezeiten:
Netz Cablecom (Aarau, Olten, Zofingen): nonstop zu jeder 2. StundeNetz Technische Betriebe Suhr und Netz Geissacher: täglich 18.00 / 20.00 / 22.00 / 24.00 UhrSamstags / Sonntags zusätzlich 10.00 / 14.00 Uhr

Netz Schwängimatt: täglich 18.00 und 22.00 Uhr

Aarburg: täglich 10.00 / 14.00 / 18.00 / 20.00 / 22.00 / 24.00 Uhr

Netz Weissenstein:  Montags / Freitags / Samstags jeweils 20.00 / 22.00 / 24.00 Uhr
Erschienen am 23. Dezember 2010 im alten Goggiblog

Schlimme Nachrichten

Ein besonderes Merkmal unserer Zeit ist die allumfassende Informationsflut, die uns täglich erreicht. Man braucht im Gegensatz zu den 1980er Jahren, in denen ich aufgewachsen bin, nicht mehr drei Tage zu warten bis das Ergebnis des Freundschaftsspiels aus Südafrika übermittelt wurde. Und wenn in China der berühmte Reissack umfällt, so erfährt man das heute per Live-Ticker. Nicht geändert hat sich seither jedoch, dass schlimme Nachrichten viel schneller verbreitet werden als gute. „Was du hast zwei Kinder“? entgegnete ich erst kürzlich einem alten Bekannten, den ich wie sich herausstellte seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Von demselben drang vor einiger Zeit nur zu mir durch, dass er sich scheiden liess und die Zeitung für die er arbeitete 200 Leute entlassen hatte.

Erinnert sich noch jemand? Wie das Kind wohl lebt heute?

Manchmal sind die schlimmen Nachrichten so schlimm, dass sie von den Medien dermassen breit geschlagen werden und man gar nicht in der Lage ist die Verhältnismässigkeit zu begreifen. Ich meine, Flugzeuge die in Hochhäuser fliegen, oder Flutwellen die eine Atomkatastrophe auslösen, oder ein Spinner der in Oslo wahllos Leute umbringt. Solche Ereignisse sind so Überdimensional, dass die kleinen Katastrophen gar nicht mehr wahrgenommen werden können. In Fukushima fielen ja nicht nur Häuser um und die Gegend wurde verstrahlt, auch wenn wir ein halbes Jahr nach dem Wahnsinn die Katastrophe auf diese beiden Ereignisse reduzieren würden – wohl auch eine Folge der überdimensionalen Berichterstattung aus Japan. Tatsächlich löste das Ereignis Tausende weiterer Katastrophen aus, die jede einzelne für sich genommen und aus der Betrachtungsweise jedes Einzelnen, mindestens eine ebensolche Aufmerksamkeit rechtfertigen würde.

Ich denke da an zerrissene Familien, an verlorene Besitztümer, an Kinder die ihre Haustiere verloren haben, ihr Kuscheltier, das Spielzeug, die Fotos vom geliebten Ausflug. Auch die Erwachsenen werden nie wieder ihre Erinnerungen ausgraben können. Die schönen Hochzeitsfotos, sorgsam aufbewahrte Kostbarkeiten, die hübsch eingerichtete Wohnung. Alles weg. Und mit ihnen das zu Hause, die Existenz, womöglich die Gesundheit, die Beziehung, das soziale Umfeld und die Aussicht auf ein Minimum an Lebensqualität.

Da frage ich mich bei all diesen kleinen, schlimmen Katastrophen, die vielleicht nur wenige betreffen, aber von jedem persönlich um so grösser wahrgenommen werden, warum es die Menschen in ihrem Umfeld immer wieder schaffen, völlig unnötige Katastrophen selber zu erschaffen. Beziehungen zum Beispiel. Noch viel schlimmer: Liebesbeziehungen. Gibt es eigentlich irgend einen rationalen Grund eine Beziehung aufzubauen? Welcher masochistische Teufel hat uns geritten, dass wir trotz Wissen dass die Verliebtheit und die Emotion im Verlaufe der Zeit garantiert schwinden wird, uns trotzdem verlieben? Und warum in aller Welt bauen wir Dinge ausgerechnet auf ein instabiles Liebesgerüst?

Eine rhetorische Frage, ohne Erwartungen an eine Antwort. Vielleicht liegt es an der Natur des Menschen, vielleicht am Druck der Gesellschaft, oder am Entwicklungsrückstand gegenüber der Natur. Die weiss sich nämlich auch nach Atomunglücken zu helfen, was Menschen schon nach einem kräftigen Windstoss schon nicht mehr können. In diesem Sinne: Auf zur nächsten schlimmen Nachricht, nur so lernt der Mensch.

(Erschienen am 9. August 2011 im alten Goggiblog)